Ich war zu meiner Zeit als Mann wehrpflichtig. Die Ungleichbehandlung war mir damals schon kaum zu vermitteln. In 2025 ist es komplett aus der Zeit gefallen. Entweder alle oder keiner.
Lieber keine*r.
Wird bald vom Verfassungsgericht einkassiert.
Das ist ja gerade das, was so viele nicht verstehen: Die Wehrpflicht war nur ausgesetzt, das ist keine Neueinführung und daher ist der ganze Quatsch auch schon vor zig Jahren ausführlich durchgeklagt worden. Auch als damals Frauen zur Bundeswehr durften, aber nur Männer mussten, hat natürlich jemand geklagt und das Verfassungsgericht hat die Klage abgewiesen. Ich bin dann übrigens als ich das letztens echt vom Stuhl gefallen als ich die Begründung dazu gelesen habe:;
Nach Art. 12a Abs. 1 GG können Männer zum Dienst in den Streitkräften verpflichtet werden. Dagegen dürfen Frauen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden (Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG). In Anbetracht der Eindeutigkeit dieser Regelung besteht bereits vom Text der Verfassungsnorm her für eine am konventionsrechtlichen Grundsatz der Nichtdiskriminierung orientierte Auslegung kein Spielraum. Eine solche Auslegung ist für den militärischen Pflichtdienst aber auch gemäß Art. 14 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 Buchst. b) EMRK nicht geboten. Denn für die Beschränkung der allgemeinen Wehrpflicht auf Männer lassen sich sachliche Gründe finden, die vor Art. 14 EMRK standhalten. Solche Gründe können darin erblickt werden, dass Frauen typischerweise nach wie vor im familiären Bereich größeren Belastungen ausgesetzt sind als Männer. Dies rechtfertigt es, Frauen in Friedenszeiten von einer Dienstverpflichtung ganz auszunehmen, wie dies in Art. 12a Abs. 1 und 4 GG geschehen ist. Davon unberührt ist, dass der Ausschluss der Frauen auch vom freiwilligen bewaffneten Dienst in den Streitkräften nicht mehr zeitgemäß ist, so dass der Verfassungsgeber ihn durch die Neufassung des Art. 12a Abs. 4 Satz 2 GG beseitigt hat (vgl. zur Gesamtproblematik: Gornig, in: v. Mangoldt/ Klein/Starck, Grundgesetz, Band 1, 5. Aufl. 2005, Art. 12a Rn. 149 und 155). Angesichts dessen besteht zwischen der Regelung in Art. 12a GG einerseits und derjenigen in Art. 14 EMRK andererseits kein Widerspruch.
https://www.bverwg.de/de/260606B6B9.06.0
Sprich: Die offizielle Begründung des BVerfG für die Diskriminierung in der Wehrpflicht ist, dass Frauen “im familiären Bereich größeren Belastungen ausgesetzt sind als Männer”. Wir führen ja parallel gerade die feministische Debatte über die Anerkennung von CareArbeit, Mitwirkung von Männern in der Kindererziehung und all das und naja, das Urteil hat mich jetzt echt umgehauen. Im Kern könnte ich als jemand, der damals Zivildienst geleistet hat, jetzt meiner Frau sagen, dass es laut BVerfG schon ok ist, dass sie mehr im Haushalt tut und dass ich nicht den Müll rausbringen muss, weil ich Zivi gemacht habe. Ist natürlich riesiger Quatsch - die ganze Wehrpflicht katapultiert uns aber geschlechtertechnisch komplett um Jahrzehnte zurück, bei solchen Urteilen muss man sich nicht wundern, wenn junge Männer dann plötzlich nichts mehr von feministischen Themen hören wollen.
Nur der Vollständigkeit halber, das ist das Bundesverwaltungsgericht.
Naja wenn die Begründung nicht der mehr der gesellschaftlichen Realität entspricht, dann kann man das so auch nicht mehr aufrecht erhalten oder zumindest ist eine gerichtliche Prüfung dann schon nicht ganz aussichtslos, oder? Wenn die Begründung wegfällt, dann kann das Urteil ja nicht bis in alle Ewigkeit festgeschrieben sein.
Der Punkt ist da noch was anderes: Das haben wir natürlich auch alle als Betroffene zu Schulzeiten debattiert. Und da kam dann auch häufig gerade von den Frauen das “aber wir bekommen ja Kinder”-Argument. Ein paar Jahrzehnte später kann ich dazu sagen: Es hat halt nicht jede Kinder bekommen. Diverse sind Dauersingle. Diverse Eltern sind gestorben ohne dass da jemals gepflegt werden musste.
Und naja, am Ende hast du halt je nach Paar, je nach Schicht, je nach Milieu unterschiedliche Ausprägungen. Da hast du den Mann, der Elternzeit macht, bei der Erziehung mitmacht und selbstverständlich auch mit in Teilzeit geht und du hast den Schützenvereins-CDU-Helden, der nicht weiß, wo zuhause der Staubsauger steht. Das kriegst du nicht mit einer Wehrpflicht sauber ausgeglichen.
Du hast mit Deinem Post beschrieben wie Statistik funktioniert.
Natürlich bekommt nicht jede Frau Kinder und nicht jede pflegt Angehörige. Dennoch ist die statistische Realität immer noch eine andere — auch nach Jahrzehnten feministischer Arbeit und entsprechenden Fortschritts. Chefetagen bestehen größtenteils aus Männern. Carearbeit wird zentral von Frauen erfüllt. Da gibt es auch (leider) nichts zu rütteln.
Viel wichtiger ist jetzt erst recht den feministischen Diskurs voranzutreiben — auch und gerade als Mann — weil Feminismus die Befreiung von allen Menschen (ganz egal welchen Geschlechts) bedeutet. Je gleichberechtigter das benachteiligte Geschlecht ist, desto weniger muss es künstlich bevorzugt werden.
Ich persönlich halte es für extrem schwierig, dass du von der Befreiung aller Menschen sprichst während es darum geht, dass Leute aufgrund ihres Geschlechtes für das Militär eingezogen werden. Alleine die Tatsache, dass das passiert, ist eine so große Benachteiligung und eine so himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass Debatten über den Gender-Care-Gap da völlig daneben sind.
Versteh mich nicht falsch: Ich bin ein großer Gegner des Wehrdienstes für egal wen. Ich möchte nicht, dass irgendjemand gezwungen wird „sein Land“ zu verteidigen. Auch das sehe ich als ein feministisches Ideal — und natürlich geht es dabei um die Befreiung aller Menschen (von einem Zwangswehrdienst).
Während mit der Debatte ob es jetzt gerecht ist Frauen nicht einzuziehen aus meiner Sicht ein Nebenkriegsschauplatz (no pun intended) aufgemacht wird, sollte man (ebenfalls no pun intended) sich also solidarisieren und sagen: Kein Zwangsdienst an der Waffe!
Dann müsste halt Elternzeit und Pflegezeit als Ersatzdienst anerkannt werden. Geht natürlich nicht, wenn die Dienstpflicht in eine Zeit fällt wo man normalerweise noch keine Kinder oder Angehörigen pflegt.
Vielleicht sowas wie Wehrpflicht für alle die mit 45 noch kinderlos sind?
Nicht jeder kann Kinder bekommen. Dafür gibt es auch genug gründe. Finde ich also schon alleine vor der Tatsache unfair. Entweder werden alle in die Pflicht genommen oder gar keiner. Welche der beiden Ideen man jetzt besser findet spielt da erstmal keine weitere Rolle. Das was eine Rolle spielt ist das es komplette Gleichberechtigung nur mit gleichen Pflichten geben kann. Und dazu gehört im Zweifel (ob man das jetzt gut findet oder nicht) Wehrpflicht dazu.
Aber diese Ungleichbehandlung ist im Grundgesetz verankert.
Das Grundgesetz kann man ändern. Wurde schon für größeren Blödsinn gemacht.
Das ist ja gerade der Punkt: Man kann das Grundgesetz eben nicht ändern. Dafür braucht man eine 2/3 Mehrheit im Bundestag und Bundesrat und daher bräuchtest du die Zustimmung von AfD & Linker, welche beide schon signalisiert haben, dass sie dem nicht zustimmen werden
Gerade für die Linken ist das ein Armutszeugnis, wo sie doch sonst immer so nach Gleichstellung schreien. Dass die Nazis der Meinung sind, Frauen gehören an den Herd, ist ja weder ein Geheimnis noch eine Überraschung.
Aber eigentlich ist die ausgebliebene Änderung des Grundgesetzes ein Versäumnis der Politik, das so lange zurückliegt, wie die Aussetzung der Wehrpflicht nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Wehrgerechtigkeit. Damals wären komfortablere Mehrheiten verfügbar gewesen. Man wollte das aber nicht. Für solchen zerstörerischen Blödsinn wie die Schuldenbremse hat sich ja auch eine Mehrheit in diesem neoliberalen Kaspertheater gefunden.
Wieso soll es für die Linke ein Armutszeugnis sein, auswuchernde Militarisierung zu verhindern?
Verteidigung gegen imperialistische Mächte ist auswuchernde Militarisierung. Und Länder, die von diesen Mächten schon direkt militärisch angegriffen werden, nicht militärisch unterstützen, ist internationale Solidarität. Alles klar. Wie schmeckt Putins Stiefel eigentlich?
Ich verstehe nicht was daran feministisch sein soll zu fordern, dass auch Frauen begrapscht und zum Töten indoktriniert werden und zuletzt erbärmlicher als Rindvieh bei Tönnies im Schlamm verrecken sollen.
Die richtige Gleichberechtigung sollte lauten, dass niemand, wirklich niemand zwangsgemustert und zukünftig eingezogen wird.
Ja, Abschaffung wäre natürlich besser, aber wenn wir die Wahl hätten zwischen “Frauen auch” und “Wieder nur Männer”, dann sollten Frauen in meinen Augen auch verpflichtet werden. Offensichtlich haben wir als Gesellschaft halt beschlossen (bzw. wurden dahingehend manipuliert), dass wir mehr Soldaten wollen als derzeit freiwillig diesen Weg einschlagen. Das ist scheiße, aber ich glaube da führt jetzt kein Weg dran vorbei. Man kann ja immer noch verweigern, hab ich damals auch gemacht. Und mit einer rechten Regierung wird es wahrscheinlich sowieso keine Wehrpflicht für Frauen geben, die sollen ja an den Herd und Kinder für die Billiglohnarbeit produzieren (natürlich beides nach dem sie selbst aus dem 40h-Job daheim sind). Aber wenigstens die Linken könnten sich auf die Seite der Gleichberechtigung schlagen, wenigstens ein Mal wenn es mal nicht ausschließlich zum Vorteil der Frauen ist…
Es wäre eine Frage der Solidarität und der Prinzipien. Aber wundert mich nicht, dass, wie immer in diesen Fällen, Feministen beides nicht haben.
Abschaffung wäre natürlich besser, aber wenn wir die Wahl hätten zwischen “Frauen auch” und “Wieder nur Männer”
Das Gesetz wurde erst vor kurzem beschlossen und tritt erst im Januar in Kraft und trotzdem sind Pest oder Cholera die Diskussion und “nicht krank werden” wird als Wunschdenken abgetan. Niemand fügt sich so sehr bescheuerten Entscheidungen wie die Deutschen.
Es wäre eine Frage der Solidarität und der Prinzipien. Aber wundert mich nicht, dass, wie immer in diesen Fällen, Feministen beides nicht haben.
Wahnsinnssatz unter einem Meinungsartikel, der Solidarität durch Zwangsmusterung von allen fordert und einem Kommentar, der pauschal gegen Zwangsmusterung und Wehrpflicht ist, weil es gegen das Prinzip der Selbstbestimmung geht
So gut wie jedes Gesetz greift in die Selbstbestimmung ein.
Ohne Einschränkung der Selbstbestimmung ist ein Zusammenleben in einer Gesellschaft nicht möglich.
Echt krass wie jahrzehntelange neoliberale Propaganda, die Egoismus zur ultimativen Freiheit verklärt, die Gehirne zerfrisst.
Gibt schon Abstufungen, wie sehr Gesetze in die Selbstbestimmung eingreifen. Und ein Gesetz, dass sagt “Du musst ca. ein Jahr Zwangsarbeit machen” liegt halt ziemlich weit oben auf der Skala ¯\_(ツ)_/¯
Kann man, ganz nuanciert, schon blöder finden als andere Gesetze, die in die Selbstbestimmung eingreifen.
Scheiß neoliberale Hirnverrottung, dass die faule Jugend nicht Teil vom militärischen Komplex sein will. Am besten sparen wir der Allgemeinheit die Ausbildungskosten und geben uns gleich selbst den Schuss in die Bauchgrube o7
Gebe Dir sehr recht. Niemand darf gezwungen werden Dienst mit der Waffe zu verrichten.
Das ist Feminismus für Bürgis.
Art. 4 Abs. 3 Grundgesetz stimmt dir grundlegend zu, gibt ein Grund warum wir individuell alle das Recht haben den Kriegsdienst zu verweigern.
Aber insgesamt kommen wie halt nicht drum herum, dass wir als Gesellschaft in der Lage sein müssen uns kollektiv zu verteidigen.
Dass daran Frauen gleichberechtigt mitwirken finde ich persönlich ziemlich zeitgemäß.







